[Out: Spielt in der Vergangenheit.]

Krähenbeere wurde ganz verlegen, als sie das Knurren von Blassherz' Magen hörte. Ihre Ohren wurden warm, ihre Pfoten kribbelten und für den Hauch eines Augenblicks huschte ein Lächeln über ihre Züge. Man könnte meinen, dass sie Belustigung empfand, doch es war ihr so schnell peinlich, dass sie lieber schamvoll den Kopf senkte. Als wäre die Belustigung über seinen Hunger etwas verbotenes gewesen, etwas, was sie nicht hätte empfinden dürfen.
Vorsichtig wandte sie dem Roten dennoch ihren Blick zu und empfand eine ganz andere Form der Wärme, als sie erkannte, dass er sie beobachtet hatte. Er bot ihr sogar einen Platz direkt neben sich an. Aufregung packte ihr Herz, doch sie zwang sich zur Ruhe. Nur weil sie ihn mochte, bedeutete das nicht...
Niemals würde ein Kater wie er über eine Kätzin wie sie das denken, was sie hoffte, dass er dachte.
Krähenbeeres Gedanken würden für einen Kater wie ihn nicht einmal Sinn ergeben!

Langsam überbrückte die weiße Kätzin den Abstand und ließ sich nieder. Ihre Bewegungen waren zögerlich, und Krähenbeere behielt immer ein Auge darauf, nicht gegen ihn zu kommen, damit er sich von ihr nicht gestört fühlen konnte. In dieser Hinsicht waren sie ebenfalls anders, denn es schien Blassherz nicht einmal in den Sinn zu kommen, zu schauen, wie nah er neben ihr saß. Vielleicht war es auch gemein von ihr, solche Gedanken von ihm zu erwarten. Bestimmt achtete er auch auf solche Dinge, aber eben auf eine Art, die sie nicht einmal in ihren Träumen imitieren konnte.
Vorsichtig nahm sie ihren ersten Bissen - versuchte dabei, nicht zu überdenken, wie man überhaupt fraß (auch wenn ihr der Happen beinahe in der Kehle stecken blieb, so nervös war sie) -, dann schob sie die Drossel zurück und beobachtete "heimlich", wie er fraß.
Selbst wenn Blassherz etwas so simples tat, wie ein Stück Beute zu sich zu nehmen, war er der schönste Krieger des WolkenClans. Ihr Herz konnte dies kaum so richtig nachvollziehen.

Der zweite Happen wäre Krähenbeere beinahe aus dem Mund gepurzelt, als sie hörte, dass der Krieger erwähnte, dass sie noch einmal herkommen sollte, wenn der Baum blühte. Sich räuspernd versuchte die Kriegerin sich zu fangen, doch sie war sich sicher, dass Blassherz ihr aufgeregtes Herz klar hören konnte.
Bei seiner Frage verschluckte sich die Kriegerin schließlich doch, und als sein Schwanz über ihre Flanke strich, hustete die junge Kätzin aufgewühlt, um es irgendwie richtig schlucken zu können. Beim SternenClan, Blassherz schien jeden Punkt, der sie richtig verlegen machte, zu kennen. Hoffentlich nicht, denn sie wollte nicht glauben, dass er sich so einen Spaß erlauben würde.
Seine Worte ließen sie innehalten und aus runden Augen blickte Krähenbeere zu dem Roten. Die Überraschung stand ihr ins Gesicht geschrieben, doch Blassherz war gewiss klug genug, um direkt zu erkennen, dass es auch Freude war, die sie gepackt hatte.
Sollte sie ihm sagen, dass sie deshalb auch gekommen war? Doch ihr Mund war so trocken...
»Ich... Du...«, versuchte die weiße Tigerkätzin. Sogleich senkte sie beschämt den Kopf und legte ihre Ohren an. »Ich mag dich.«
Was?
Alarmiert setzte sich Krähenbeere auf und blickte panisch auf die angefressene Drossel. Was hatte sie da gesagt? Beim SternenClan, konnte sie nicht...
»Also, also, ich meinte, weil... weil du der interessanteste Kater bist, den ich kenne und... und in unserer Schülerzeit hatte ich immer viel Spaß, wenn ich dich beim Training sah, und und... ich... ich sollte lieber aufhören...«
Verlegen und aufgewühlt wandte die Kätzin ihr Gesicht von ihm fort, wollte sie doch nicht zeigen, wie es sich verzerrte vor Panik. Sie war nie gut gewesen mit Worten und seine Frage hatte ihn überrascht.
Wenn der SternenClan nun ein Loch für sie in den Boden schlagen würde, würde sie gewiss ohne zu zögern darin verschwinden, damit sie seinem Blick nicht standhalten musste.

[Out: Spielt in der Vergangenheit.]

Blassherz hatte ein sehr schönes Lachen.
Eines, das bis in ihr Herz schallte, ihre Ohren und Schnurrhaare zum zucken brachte, und in ihrer Kehle kitzelte, als würde es sie auffordern, mit ihm zu lachen. Ein zarter Laut, der in seiner Stimmfarbe eine Mischung aus den bunten Farben des Blattfalls, aus dem Farbenspiel seines Fells in der Sonne und das sanfte Wehen des Windes darstellte. Sein Lachen berührte Krähenbeeres Herz, als wäre es die warme Sonne auf ihrem Pelz.
Kurz wollte sie sich mitreißen lassen. Die weiß gemusterte Kriegerin hatte keinen Grund zum Lachen, wo ihr Geständnis sie alle Kraft gekostet und nun in einer Lache ihres eigenen Schams zurückgelassen hatte. Dennoch gab es einige Herzschläge, in denen sie den melodischen Tönen des Katers folgend auch lachen wollte. Einfach nur des Lachens wegen.
Doch Krähenbeere wäre nicht Krähenbeere, wenn ihre Unsicherheiten solche Gelüste nicht gleich ersticken würden. Als würde das Gefühl, nicht richtig gesprochen zu haben, sich vergriffen zu haben, sich zu verletzlich gemacht zu haben, sie an der Kehle packen und das eigene Lachen zu ersticken, um viel eher den Gedanken in ihren Kopf einzupflanzen, dass Blassherz über sie lachen könnte.
Ihr Herz kam nicht sonderlich gut klar mit diesem Gedanken.

Der Krieger berührte ihre Schulter und nur mit viel Überzeugung wandte Krähenbeere ihm ihr Gesicht wieder zu. Leider waren die Augen der Kätzin Selbstredner, sodass sie nicht verbergen konnte, wie sehr der Gedanke, dass er sie abweisen konnte, an ihr nagte. Das Blau hatte sich gefüllt mit der leichten Panik, dass sich ihr Ausflug hier zum Ende neigte, und ganz unterschwellig flehten ihre Augen, dass er es nicht tun würde. In ihrem Herzen machte sich Krähenbeere allerdings bereit, Blassherz' harsche Worte entgegenzunehmen.
Du magst mich? Eh... Das ist jetzt unangenehm. oder gar Wer könnte dich schon mögen, Krähenbeere?
Doch der verbale Schlag kam nicht. Äußerst merklich weiteten sich die Augen der hübschen Kätzin, als der rote Tigerkater ihr sagte, dass er sie ebenfalls mochte. Blinzelnd versuchte sie, die Worte zu verarbeiten, doch Krähenbeere hatte das ungute Gefühl, dass ihr Herz stehen geblieben war.
Regung kehrte in ihr Gesicht zurück, als der Krieger weitersprach.
Falls das nicht ohnehin schon klar war, wiederholte Krähenbeere und spürte, wie ihr Herz hastig zu schlagen begann. Wie hätte es denn klar sein sollen? Kannte Blassherz sie überhaupt?
Skepsis huschte über ihre Gesichtszüge, ein stummer Kommentar auf die Aussage, die der Krieger soeben getroffen hatte. Doch sie sagte nichts dazu, war ihre Kehle doch zu trocken von dem vorherigen Angriff, den die Unsicherheit ihr angetan hatte.

Die Überraschung kehrte jedoch zurück, als der Kater weitersprach, und verlegen wandte Krähenbeere wieder das Gesicht ab, blickte stattdessen intensiv auf ihre Vorderpfoten, als wären diese das interessanteste, was sie heute zu sehen bekäme. Kaum merklich hatte ihre Flanke dabei Kontakt zu seiner gefunden. Ihr Fell strich gegen seines, rot auf weiß, weiß auf rot. An einigen Stellen konnte man meinen, dass sich die Haare verbanden, als wollten sie nie mehr loslassen von dem andersfarbigen Partner.
Als der Kriegerin dieser Zustand bewusst wurde, zuckte sie allerdings in die andere Richtung fort und blickte Blassherz aus runden Augen entschuldigend an. Ihre vorherige Verlegenheit war beinahe wieder vergessen, nun kroch die Freude hervor, die sich auch langsam in ihre Zunge schlich.
Und erneut purzelten Worte aus ihr hervor:
»Das würde mir sehr gefallen«, hob sie an, noch kratzig und rau, als wäre ihre Kehle wirklich angegriffen worden. »Auch wenn...«
Kurz biss sich die weiße Kätzin auf die Zunge, die Unsicherheit wieder auf den Lippen, doch ihre Gedanken waren schließlich stärker - so stark wie das Wasser, das über die Schlucht fiel und zum Wasserfall wurde.
»Du bist so... du. Der perfekte WolkenClan-Krieger mit der perfekten Familie. Der schönste Kater, den ich kenne, der wortgewandteste, der, der viel erreichen kann im Clan. Und ich... ich bin ich. Ich habe nichts zu bieten...«
Dieses Mal, als die Worte bei ihr selbst ankamen, zuckte sie nicht wieder fort, sondern blickte stattdessen zu den orangen Augen auf, ließ sich von ihnen in den Bann ziehen. Zu diesen Worten stand sie. Sie war ein Niemand im Vergleich zu Blassherz.
Blassherz, Sohn von Ahornstern, Enkel von Brombeerpelz.
Krähenbeere, Tochter von Hellblüte.
Ihm fehlte nur noch Wolkenstern... doch wen hatte sie? Das würde niemals genug sein für seine Familie.
Sie würde niemals genug sein für die scharfen Augen ihrer Anführerin.