Vertretung gesucht

Die Anführerin ließ ihren stechenden Blick über das Lager des SchattenClans schweifen. Wie es schon immer gewesen war, ging es um diesen Sonnenstand hoch her. Trotz der dichten Tannen, die zumeist kein Licht durchließen, fielen jetzt die Sonnenstrahlen des Sonnenhochs auf den dunklen Waldboden, wärmten Pelze und ließen die grünen Augen von Schattenstern aufleuchten, sodass ihre düstere Gestalt einen Ausdruck der Wachsamkeit bekam, welcher auch dadurch nicht getrübt wurde, dass die schwarze Katze sich nun begann die Brust zu lecken.
Erst als sie Scherbenherz, den zweiten Anführer ihres Clans, auf sich zukommen sah, zog sie sich ein wenig mehr in den Schatten zurück.
"Was gibt es?", fragte sie und ihre Stimme klang scharf und kalt.

Angesprochen: Scherbenherz
Erwähnt: Scherbenherz

Schattenstern

Zwischen den Bäumen, liegend im Schatten des Mondes, der bedeckt mit einer dünnen Wolkenschicht hoch am Himmel thronte, lief die kaum Sehbare Kätzin. Ihr pechschwarzes Fell, so unauffälig als wäre es selber ein Schatten, erwies die gut gekennzeichneten Muskeln.
Scherbenherz, wo bist du? Fauchte die Anführerin und schaute durch ihre stechenden grünen Augen. Sie bekam keine Reaktion. Mit verstärkten Sinnen schlich sie an einer alten Eiche, die ihre Blätter leise im Wind wiegte, als würde sie etwas flüster, und stellte ihre Augen auf Scharf.
Plötzlich spitze die Kätzin ihre Ohren und murrte leise, vor ihr stand Scherbenherz, groß, nicht wie sie in Kauerhaltung. Sofort stämmte sich die zierliche Anführerin auf und funkelte Scherbenherz mit ihren stechenden Augen an.
Ich habe noch andere Sachen zu tun, außer dich zu suchen.

Erwähnte Katzen: Scherbenherz
Angesprochene Katzen: Scherbenherz

Ein weiterer Blitz teilte den rabenschwarzen Nachthimmel über den Katzen in zwei Teile und machte für wenige Herzschläge dunkle Silhouetten, gebleckte Zähne und nasse, glitzernde Krallen sichtbar. Reglos bildeten sie eine Reihe, einige von ihnen an vorderster Front, andere teils von den finstersten Schatten verborgen. Sie alle standen nahezu reglos da, wie gierige Raubtiere schienen sie zu warten. In ihren Augen spiegelte sich der Hass, die Wut und Abscheu der schon so lange in ihnen brodelte wider. So wie sie dort formiert standen, in geduckten Haltungen, angespannt und bereit zum Angriff, wirkten sie als würden sie sich jeden Moment von den Felsen hinabstürzen um ihre Feinde ihre Wut spüren zu lassen. Und doch regte sich keiner. Keiner von ihnen würde auch nur einen Pfotenschritt wagen, bevor die Katze ganz vorn in ihren Reihen ein Zeichen gab. Donner grollte wie das Brüllen eines Löwen, dazu ein Blitz, der diese eine Katze für den Moment in Licht hüllte. Dieser Augenblick genügte, um zu erkennen, wer sie war. Der Regen, der sich wie ein Sturzbach vom Himmel auf die Erde ergoss presste ihr das Fell, schwarz wie die Nacht und die Schatten selbst eng an den Körper und ließ es im aufblitzenden Licht glänzen. Kleine Tropfen fielen ihr von den Schnurrhaaren und aus dem Pelz. Doch ihre Augen waren es, die die Katzenschar, die sich ihr entgegenstellte fixierten und jedes mal wenn Licht auf sie fiel gespenstisch aufleuchteten. "Du hättest dein Versprechen halten sollen." Fauchte sie mit Bitterkeit in der Stimme zu dem feindlichen Anführer herab. Doch der bedachte sie nur mit warnenden, finsteren Blicken. "Die Bedingungen haben sich geändert." - "Ein Versprechen zeichnet sich dadurch aus, dass es gehalten wird, auch wenn die Bedingungen sich ändern!" Ihr Fauchen war fast schon zu einem wütenden Schrei geworden und hinter ihr ertönte bestärkendes Fauchen und Knurren. "Ich warne dich, Schattenstern. Wenn du das tust, wird es Krieg geben, der Tod wird unser ständiger Begleiter sein." rief der andere Anführer zu der Kätzin hinauf. "Ich gebe dir eine letzte Chance zu..." - "Ich pfeife auf deine Chance!" Ein allerletzter Kampfschrei voll entfesseltem Hass zerriss die Nachtluft, bevor die SchattenClankatzen in das Jaulen ihrer Anführerin einstiegen und sich wie eine dunkle Welle von den Felsen herabstürzten, um ihre Feinde ihre Rache für das Geschehene spüren zu lassen. Ganz vorn - Schattenstern. Sie zielte im Sprung genau auf den feindlichen Anführer, doch als sie landete, begrub sie den leichten Körper einer jungen Katze unter sich, die ein ersticktes Keuchen von sich gab, als Schattenstern sie am Boden festnagelte. Gerade rechtzeitig erkannte sie den Schüler und bleckte eine Haaresbreite vor seinem Gesicht die blitzenden, scharfen Zähne. Sie riss den Kopf hoch, nur um die Getigerte Gestalt zwischen den kämpfenden Katzen verschwinden zu sehen. Die junge Katze wand sich unter Schattenstern, aber die bohrte nur ihre Krallen in dessen Haut, den hasserfüllten Blick in die Ferne gerichtet, auf den Punkt, an dem sie den Verräter aus den Augen verloren hatte. "Du wirst büßen!" schrie sie ihm nach, "Du wirst für den Verrat bezahlen, den du am SchattenClan begangen hast!" Ihre letzten Worte verhallten in der Ferne, bevor sie sich in die erste Schlacht eines Krieges stürzte, den keiner gewinnen konnte. "Ich werde dich finden!"