Marschland

--> FlussClan Lager

Ich wandte meinen Blick schüchtern ab, als Samtpfote mir sagte, dass sie sich freute, mich dabeizuhaben. Sie sieht wirklich fröhlich aus, dachte ich mit einem Blick auf die Kätzin, die ich so sehr mochte. Die Schülerin hatte sich aber schon wieder abgewandt und lief zu einem Baumstamm, um Moos herunterzuholen. Immer noch fand ich es etwas amüsant, dass sie den gesammten Schülerbau auspolstern wollte, aber gleichzeitig gefiel mir das irgendwie an ihr. Auch wenn es eine andere Welt war als meine und ich ihr niemals dahin folgen konnte. Eines meiner Ohren zuckte leicht.
Ich bin doch gerne mit dir gekommen, miaute ich schließlich fast ein wenig leise und wohl jede Katze hätte mich als zu schüchtern empfunden. Aber ich wollte der Kätzin schließlich nicht zu nahe treten und ich wollte sie ja nicht verletzen. Langsam begann nun auch ich Moos an einer Weide in der Nähe zu sammeln. Denkst du wir werden genug Moos finden?, fragte ich sie schließlich nach einer Weile des Schweigens. Immerhin ist der Schülerbau ja auch nicht gerade klein.

Ich hatte weiter Moos gesammelt und Samtpfote zugehört, als ich bereits einen ansehenlichen Haufen zusammen hatte. Es würde zumindest genug für mein eigenes Nest sein. Samtpfote, Eispfote, Erlenpfote, Streifenpfote, Moospfote, Flüsterpfote und ich, zählte ich im Kopf die Schüler meines Clans durch. Wir waren tatsächlich nur sieben. Vielleicht geht es sich ja sogar aus und wir finden tatsächlich genügend für alle Nester, dachte ich und meine Schnurrhaare zuckten leicht. Sieben Schüler und keiner von ihnen konnte meine Welt teilen. Schmerzlich dachte ich an mein Zusammentreffen mit Moospfote kurz nach ihrer Schülerzeremonie und daran, dass ich und Erlenpfote nicht gerade Freunde waren, weil er mich für feige hielt. Und Flüsterpfote hat ihr Nestmaterial bestimmt den letzten halben Mond nicht gewechselt, dachte ich dann fast ein wenig amüsiert über meinen eigenen Gedanken. Außer irgendjemand von den anderen hat sie dazu gezwungen, weil es ihm zu sehr gestunken hat. Vielleicht will Samtpfot ja deswegen den ganzen Bau neu auspolstern. Noch einen Augenblick blieben meine Gedanken bei Flüsterpfote und ich hörte Samtpfotes Vorschlag, dann einfach Moosball zu spielen nur mit einem Ohr. Ja, Flüsterpfote hatte sich bestimmt nicht selbstständig um ihr Nest gekümmert. Die Schülerin schien ja die meiste Zeit miesmutig und schlecht gelaunt zu sein und ich wusste von niemandem, dass sie gut mit ihm klarkäme. Die meiste Zeit schien sie in einer anderen Welt zu verbringen, doch war die Welt der verbitterten Schülerin mir ebenso verschlossen und vielleicht noch viel fremder, als Samtpfotes.

Plötzlich holte der Moosball, der nun auf mich zuflog mich aus meinen Gedanken und ich hob den Kopf. Zu spät, der Ball flog gegen meine Schulter. Samtpfote hatte gut gezielt. Einen Moment lang stand ich irritiert da, denn die Schülerin hatte mich aus meiner Gedankenwelt gerissen und für einen Augenblick musste ich mich neu orientieren. Dann erkannte ich, dass sie wohl spielen wollte und nahm den Moosfetzen. Geschickt warf ich ihn zurück in ihre Richtung und eines meiner Ohren zuckte leicht, als ich seine Flugbahn mit den Augen verfolgte.

Samtpfote schoss ein weiteres Moosfetzchen auf mich und diesmal schaffte ich es rechtzeitig zurückzuspringen, um nicht getroffen zu werden. Meine Freundin wirkte fröhlich, auch wenn mir nicht entgangen war, dass sie ihre Pfote ungut belastet haben musste. Doch es schien ihr trotzdem gut zu gehen und das beruhigte mich. Ich wollte nicht, dass es Samtpfote schlecht ging und so erleichterte es mich, sie fröhlich zu sehen. Es war ja nicht so, dass ich nicht gerne spielte - im Gegenteil mit Samtpfote zu spelen und sie dabei glücklich zu sehen, gab mir sogar ein gewisses, wenn auch nicht vollständiges Gefühl von Zufriedenheit - jedoch fühlte ich mich die meiste Zeit so abseits von anderen, dass ich mich nicht frei genug fühlte, um wirklich zu spielen.
Ich wollte den Moosfetzen gerade aufheben und zu Samtpfote zurückschießen, als ein Blick zum Himmel mir verriet, dass der Mond bereits aufging. Unser Clan würde uns noch vermissen, wenn wir solange draußen blieben. Vielleicht sollten wir ins Lager zurückgehen, miaute ich schließlich nach einer längeren Pause. Der Mond geht schon auf. Wieder überkam mich eine gewisse Niedergeschlagenheit, als ich daran dachte, dass Samtpfote heute in ihrem eigenen Nest schlafen würde und nicht Seite an Seite mit mir. Irgendwie schmerzte mich dieses Wissen und ich hatte das Gefühl, dass ich heute Nacht etwas vermissen würde, was in den letzten Nächsten vollkommen normal für mich geworden zu sein schien.

Samtpfote widersprach mir bestimmt und ich senkte meinen Blick leicht zu dem Haufen Moos der neben meinen Pfoten lag. Es ist auf jeden Fall nicht genug, um den ganzen Schülerbau auszupolstern!, schoss es mir durch den Kopf. Und genau das will sie ja. Aus den Augenwinkeln spähte ich zu Samtpfote hinüber und dann wieder auf den Mooshaufen und meine Pfoten. Ich musste zugeben, dass ich eigentlich gerne mit ihr hier draußen war, auch wenn der kühle Nachtwind mein Fell streifte und mir langsam ein wenig kalt wurde. Aber ich sollte doch auch rechtzeitig im Lager zurücksein, bevor jemand losging, um uns zu suchen, weil wir verschwunden waren. Ähm-, begann ich etwas zögerlich und eines meiner Ohren zuckte, wodurch ich meine Unsicherheit bestimmt verriet. Einen Augenblick lang rügte ich mich dafür und bekam es mit der Angst zu tun, dass Samtpfote mich jetzt für einen Feigling halten würde, wie manche andere Katzen es taten, weil sie wussten, dass ich nicht gerne kämpfte und meine Erkenntnisse mit Feigheit verwechselten, weil sie sie nicht verstehen konnten. Es tat weh, wenn diese Katzen mich für feige hielten und ich mich unverstanden fühlte, aber ich wusste auch, dass es noch viel mehr weh tun würde, wenn Samtpfote mich für einen Feigling hielt. Ähm-, miaute ich ich noch einmal und meine Schweifspitze zuckte nervös hin und her. Fast hätte ich zugegeben, dass ich gerne mit ihr hier draußen war, aber dann brach ich wieder ab, bevor die Worte über meine Lippen kommen konnten und beugte mich stattdessen hinunter und begann weiter Moos zusammenzukratzen. Ich war wirklich gerne mit Samtpfote alleine hier draußen, denn wenn ich jetzt mit ihr zurückgehen würde, würde sich jeder von uns in sein eigenes Nest legen und ich würde heute Nacht nicht ihre Gegenwart spüren können. Schüchtern spähte ich zu ihr hinüber, immer noch ein wenig ängstlich, dass sie mich jetzt einen Feigling nennen würde, aber gleichzeitig irgendwie vorbereitet darauf, dass es passieren könnte, weil wir schließlich immer noch in unterschiedlichen Welten zu sein schienen.