Park (Wiese)

Eywa war etwas zurückgefallen, weshalb Fred voranging. Sie wollte sich so oder so viel lieber der säuberlich zermähten Wiese besehen, statt gegenüber Fred irgendwelche Worte in die Luft zu spucken, die später vielleicht noch peinlich werden würden. Also beobachtete sie die Schüler, während ihre Schrittgeschwindigkeit gleichauf mit der von Frederick war. Es erschien alles ganz normal, ein ganz normaler Spaziergang über den Hof, bis Fred von jemanden umgestoßen wurde und auf dem Boden lag wie ein Sack Reis. Eywa sah sich dem Übeltäter gegenüber, ein Kerl mit hochrotem Gesicht, ziemlich lediert. Böse sah er aus. Sein Antlitz lies Eywa schaudern, weshalb sie abrupt so tat, als wäre sie eine ganz normale Schülerin, die das Gebäude hatte betreten wollen. Niemals würde sie sich mit so einen gefährlichen Kerl anlegen, nein, dass wollte sie nicht riskieren.
Also besah sie sich nur kurz erschrocken den umgeschmissenen Frederick, ohne auf die entschuldigenden Worte dieses unaufmerksamen Typen zu warten, und flüchtete sich dann in eine andere Ecke der Wiese. Eywa würde nie leugnen, dass sie ein Feigling war. Schon damals in ihrer Kindheit hatte sie oft gezeigt, wie wenig sie sich doch durchsetzen konnte. Mut war für sie ein fremdes Gewässer, eine ferne Insel, unerreichbar. Und dieser zerbeulte Typ machte ihr Angst. Wer wusste schon, was seine Fähigkeit war. Vielleicht konnte er ja Menschen mit seinen Gedanken in ihre Einzelteile zerfetzen. Ähnlich wie deine Gabe, flüsterte es in Eywa, woraufhin das Mädchen ihre Hände erneut zitternd in ihren Hosentaschen vergrub.
Ihr Blick entfernte sich von den beiden Jungs und blieb an einen weiteren hängen, der ebenso lediert war wie der miese Schubser. Jedoch war dieses Gesicht ihr vertraut, vertrauter als jedes andere.
"Jonathan!", rief sie, während ihre Schritte in seine Richtung gelenkt waren "Was ist mit dir passiert? Wer hat dir dieses Veilchen verpasst? Du siehst schlimm aus!" Eywa wusste selber, dass sie etwas zu wild auf ihren Bruder einredete. Sie machte sich halt Sorgen um ihn und seine körperliche Verfassung. Vorsichtig hob sie die Hand, um die Verletzungen genauer zu untersuchen, ließ sie aber wieder sinken, ehe ihre Haut auf die seinige traf. Sie durfte nichts riskieren. Er war schon genug verletzt. Wie gern hätte sie ihren Bruder doch an die Hand genommen wie früher, wenn er auf sie aufgepasst hatte. Nein, bloß nichts riskieren.
"Das gibt bestimmt Ärger, schon am ersten Tag", murmelte sie bedächtig und wog sich auf den Füßen nervös hin und her. Machte sie sich zu viele Sorgen um ihn? Bestimmt war sie eine lästige Schwester.

Moony

 

Das blonde Mädchen verschränkte die Arme, als Jonathan ihr keine klare Antwort gab. "Ich meine es ernst, wie ist das passiert, Jonathan?", fragte sie und musterte ihre Finger, die auf den Stoff ihres Hoodies gebettet lagen. Bald würde ihr weicher Hoodie ausgetauscht werden mit einer engen Schuluniform, unkomfortabel und ungemütlich. Diese Schule war an so vielen Dingen einfach nur schrecklich. "Quatsch, sie werfen dich nicht in die Kerker. Ich werde dir den Rücken stärken und sagen, dass, wer auch immer es war, dich zuerst angegriffen hat. Du wolltest dich nur wehren, nicht? So war es doch?", fragte sie. Während sie wissen nickte, fügte sie noch flüsternd hinzu: "Du hast das nicht verdient."
Ihr Bruder war ein guter Mensch. Er allein hatte sich um sie gekümmert, als ihre Mutter nicht dazu in der Lage gewesen war. Doch hat er dich auch im Stich gelassen, flüsterte eine gehässige Stimme in ihrem Kopf, welche sie jedoch sofort verdrängte. Er hatte seine Gründe gehabt zu gehen. Der Streit mit Mutter war heftig gewesen, alles war heftig, traurig und frustrierend zugleich in dieser Zeit gewesen. Auch jetzt spürte Eywa wieder diese angestaute Frustration in ihrem Innern und die Frage, ob es nicht auch Wege gab, Kinder mit ihrer Gabe vertraut zu machen statt sie auszumerzen.

Moony

Das Mädchen seufzte leise und spielte mit einer ihrer goldenen Strähnen herum. Sie hatte nicht wirklich geglaubt, Jonathan wäre unschuldig. Eher hatte sie es sich gewünscht, es sich so fest ins Gehirn eingepflanzt, bis sie an nichts anderes mehr glauben konnte. Doch der Wunsch war naiv. Ihr Bruder war zu stolz, eine Kämpfernatur. Schläge parierte er mit Schlägen, so einfach war das. Wenigstens stand er dazu, er war also ehrlich zu ihr. Nichts anderes wünschte das Mädchen sich.
Er meinte, sie solle aufhören, ständig das Gute in ihm zu sehen. Nein, das war unmöglich. Er war ihr Bruder und sie seine Schwester. Sie liebte ihn über alles, wollte nur, dass er glücklich war. Doch er war nicht glücklich. Er sah so traurig und wütend aus.
"Ich werde aber nicht aufhören, dass Gute in dir zu sehen, Jonathan", sagte Eywa mit fester Stimme und musterte ihren Bruder hartnäckig. Er war so störrisch, verstand nichts von der Zuneigung, die Eywa für ihn empfand. Erneut vergrub das Mädchen ihre Hände in den Taschen. Wenn hier einer von grundauf böse war, dann sie mit ihrer vom Teufel höchstpersönlich gesendeten Gabe.
"Hoffen wir einfach, dass Frau Wolf die Streiterei nicht bemerkt", murmelte sie, zweifelte jedoch selber an ihren eigenen Worten. Sicher würde es schnell die Runde machen, dass zwei Schüler aufs äußerste demoliert und zerschrammt waren. Den Zusammenhang zwischen den beiden, erkannte man letztendlich von selbst.
Eywa lehnte sich gegen Jonathan, jedoch ohne ihn mit den Händen zu berühren. "Weißt du, Bruderherz. Dieser Ort ist böse. Deswegen müssen wir gegenseitig aufeinander aufpassen, hörst du? Wir können es uns nicht leisten, hier niedergezwungen zu werden wie geprügelte Hunde. Ich möchte meine Fähigkeit nicht verlieren, nicht unter diesen Umständen", erklärte sie ihm leise, wobei sich ihre Hände in den Taschen zu Fäusten ballten. Sie hatte solche Angst vor ihrer eigenen Fähigkeit und doch, loslassen konnte sie sie einfach nicht. Diese Gabe war ein Teil von ihr, ihre dunkle Seite. Doch der Regierug würde sie sich nicht beugen, nein, wenn dann schaffte sie es ganz allein diese grausame Kraft loszuwerden.

Moony

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Das Mädchen genoss den Moment bei ihrem Bruder. Ewig lange waren sie sich nicht mehr so nahe, verstrickt in einen richtigen Geschwistermoment, welchen man nur in Romanen und dergleichen finden konnte. Seinen Woten zu urteilen, war er ihrer Meinung. Auch er würde seine Fähigkeit nicht hier lassen, niemals. Diese Genugtuung würden sie Frau Wolf nicht gönnen, niemals. Doch dieses Thema war traurig. Zudem, trat etwas, worüber man sich Sorgen machte, nicht umso schneller ein als wenn man es einfach außer Acht ließ? Eywa wusste nicht mehr, was sie denken durfte und was nicht. Viel zu gern hätte sie sich jetzt Zuhause in ihr weiches Bett gekuschelt und die Welt ausgesperrt, wie damals, nachdem ihr Vater gestorben war und Jonathan von einem Moment auf den anderen gegangen war.
Das Mädchen wurde aus ihren Gedanken gezogen, als Jonathan ihr eine Frage stellte. Er wollte wissen, ob sie schon nachgesehen hatte, wer sich als ihre Zimmergenossin entpuppt hatte. "Nein, ich habe noch nicht nachgeschaut", murmelte sie, den Blick auf ihre Hände gerichtet "Ich möchte es auch gar nicht wissen. Was wenn sie gemein ist? Es gibt so viele komische Leute hier." Sie verschränkte die Arme ineinander und musterte die anderen Schüler des Internat kritisch. Sie konnte diese Menschen nicht einschätzen, weshalb sie auch nicht wusste, wie diese reagierten, wenn sie von ihr und ihrer tödlichen Fähigkeit wussten. Würde ihre Mitbewohnerin nicht absofort in Angst leben, wenn sie wusste, dass nur eine kleine Berührung von ihrer Seite ausreichte um starke Schmerzen zu bereiten?

Moony