Windpfad

Cf.: WindClan-Lager [WiC-Territorium]«

Außerhalb des Lagers schlugen ihm die Winde der Blattleere kalt entgegen. Fuchspfote musste augenblicklich seinen Pelz gegen sie ansträuben, um nicht zu zittern zu beginnen. Er war ein Krieger! Krieger zitterten nicht.
Doch selbst der aufgeregte Schüler wusste, dass das so nicht richtig war. Jede Katze fror und wenn das Wetter so richtig schlecht war, würden selbst Katzen wie Sturmstern ohne Unterlass zittern. Der Kater legte kurz die Ohren an. Der Gedanke gefiel ihm nicht sonderlich. Schließlich kannte er den Kater nur als starken Anführer, und ihn auf dem Lagerplatz frierend zu sehen, würde ihm nicht gefallen.
Doch so war die Blattleere nun einmal. Kalt, hart, unnachgiebig. Wie der Ausschaufelsen auch.

Der Windpfad war zwar nicht weit entfernt, doch Fetzohr und Fuchspfote mussten ein ganzes Stück zurücklegen. Zunächst konnte der Kater seine Energie zurückhalten, doch nach einer Weile erhöhte er sein Tempo und eilte vor seinem Mentoren zu dem Trainingsplatz. Mit weiten Sätzen, die mehr und mehr einem WindClan-Krieger ähnelten, jagte der rotbraune Blitz durch die grasige Landschaft. So waren die Winde zwar nicht angenehmer, doch sein Körper wurde wärmer.
»Komm, Fetzohr«, rief der junge Kater über seine Schulter hinweg. »Mit mir hältst du doch sicherlich noch mit, alter Kater!«
Die Worte sprach Fuchspfote mit einem lauten Schnurren, dennoch stockte sein Atem für einen kurzen Moment. Er mochte seinen Mentoren sehr, doch er war sich nicht sicher, wie dieser bei solchen Worten reagieren würde. Mit Humor? So war es zumindest angedacht gewesen. Eine Herausforderung unter Katzen, die sich mochten.

Mit weiten Sätzen erhöhte Fuchspfote sein Tempo noch etwas mehr, holte so viel aus sich raus, wie er nur konnte. Fetzohr war vielleicht alt und dem Ältestenbau sehr nahe, doch der rotbraune Schüler war klug genug um zu wissen, dass selbst Älteste noch laufen konnten. Und sein Mentor konnte das sowieso. Niemals würde er es wagen, seinen Mentoren zu unterschätzen.
Schlitternd kam Fuchspfote schließlich im Windpfad an. Die weite Fläche war geeignet für die Arbeit am Lauf, aber auch für das Üben von Kampftechniken. Erheitert drehte sich der Schüler in die Richtung des bunten Katers, ein breites Lächeln im Gesicht.
»Womit fangen wir an?«

Der Lauf mit Fetzohr war genau das richtige für den jungen Kater gewesen. Je länger er auf den nächsten Moment wartete, desto stärker spürte er seinen Körper arbeiten. Sein Herz pochte aufgeregt, beruhigte sich jedoch schnell, dennoch strahlte es Wärme aus, die sein gesamter Körper dringend brauchte. Aufgeregt schnippte sein Schwanz hin und her. Er hatte Fetzohr und das gemeinsame Training vermisst, und es juckte ihm unter dem ganzen Pelz, die verlorene Zeit nachzuholen und mit großen Sätzen seiner Kriegerzeremonie näher zu kommen. Seine Mutter wollte er stolz machen. Wie weit Lilienpfote und Honigpfote wohl in ihrem Training waren?
Fuchspfotes Blick folgte seinem Mentoren, nachdem dieser erklärt hatte, dass sie Grundlegende Kampfzüge lernen würden. Mit gespitzten Ohren lauschte er, machte sich darauf bereit, gegen seinen Mentoren anzutreten, falls das sein sollte. Allerdings holte dieser stattdessen einen Stock hervor. Entsprechend lockerte sich die Haltung des rotbraunen Katers, der stattdessen seinen Mentoren irritiert anblickte.

Mit runden Augen lauschte Fuchspfote seinem Mentoren und starrte dann den Stock schweigend an. Dies war eine unerwartete Situation, doch ein Kampf war voller unerwarteter Situationen, nicht wahr? Einige Momente lang stand der Schüler noch immer etwas verwirrt rum, während sein Schwanz hin und her über den Boden fegte.
»Du kriegst das hin«, nuschelte sich der Kater selbst in den Pelz. »Du bist ein starker Kämpfer.«
Kurz warf er einen Blick über die Schulter, um Fetzohr anzublicken, dann atmete er tief durch und trat einige Schritte zurück, um Abstand zum Stock einzunehmen. Da ihm nichts besseres einfiel, stellte sich der Schüler Honigpfote vor. Mit ihr hatte er oft gerangelt, da wusste er, was zu tun war.
Unsere Schnelligkeit, aber auch die Umgebung. Und der Überraschungseffekt. Oh je.
Fuchspfote kauerte sich dem Stock gegenüber und versuchte seine Schwester vor Augen zu sehen. Sie war immer schon zierlicher und kleiner gewesen als er, doch auch eine gute Kämpferin, die ihn hier und da überrascht hatte. Ihre Geschwindigkeit hatte immer gezeigt, dass sie eines Tages die WindClan-Fertigkeiten problemlos erlangen konnte. Was konnte er, neben seiner Größe, tun, um einen Feind zu überraschen?
Umgebung, Schnelligkeit, Überraschung...
Diese drei Worte wiederholte der Schüler so oft, wie er konnte, während sein Blick um den Stock herum schweifte. Es dauerte eine ganze Weile - Zeit, die er im richtigen Kampf nicht haben würde -, bis er die lockere Erde wahrnahm. Überstürzt setzte er sich deshalb in Bewegung, sprang in die Richtung der lockeren Erde und versuchte eine pfotevoll in die Richtung des Stocks zu werfen. Sein Versuch war weder präzise, noch schnell gewesen, dennoch hielt Fuchspfote inne, um erwartungsvoll zu Fetzohr zu blicken.

Auch wenn Fuchspfote nur wenige Herzschläge lang zu seinem Mentoren geblickt hatte, um dessen Reaktion zu erhaschen, spannte er sich ganz fest an. Der rotbraune Kater hatte lange über diese Aufgabe nachgedacht und schlussendlich auf gut Glück versucht, etwas daraus zu machen. Entsprechend war er zwar stolz auf seine Idee, aber unsicher, ob dies etwas war, das im Kampf sinnvoll sein würde.
Die Anspannung fiel augenblicklich von den Schultern des Schülers, als Fetzohr sich erhob und ihn mit einem zufriedenen Ausdruck lobte. Alle Aufregung und alle Unsicherheiten waren vergessen, als sich ein großer, breites Grinsen auf die Züge des jungen Katers legte. Konzentriert saugte er all die Informationen ein, die sein Mentor ihm zu bieten hatte, und je länger er darüber nachdachte, desto logischer erschien ihm das Ganze. Irritation war ein großes Hilfsmittel im Kampf. Würde er selbst einem solchen Zug zum Opfer werden? Der Schüler kniff für einige Momente die Augen zusammen. Er würde alles dafür geben, um sich nicht verwirren zu lassen. Er würde für seinen Clan weiterkämpfen, so gut er konnte.

Mit runden Augen beobachtete der Schüler schließlich die Demonstration seines Mentoren. Fuchspfote hegte bereits seit einiger Zeit einen tiefen Respekt für Fetzohr, doch der Kater schaffte es immer wieder, ihn auf ein Neues zu beeindrucken. So flogen seine grünen Augen über den Körper des Katers, der sich geübt um den Stock bewegte. Er war noch immer schnell, seine Bewegungen präzise, seine Muskeln stark. Die Technik war sauber ausgeführt und als Fetzohr den Stock unter sich zerbrach, schauderte Fuchspfote. Er konnte sich gut ausmalen, wie dieser Kater einst gegen andere Katzen gekämpft hatte, als er noch jünger gewesen war. Sicherlich hatte er sich dort an den Grenzen einen Namen gemacht.
»Niemals!«, versprach der rotbraune Schüler ehrlich und mit fester Stimme. Tatsächlich konnte er kaum glauben, dass vor einigen Blattwechseln noch keine Gesetze dazu bestanden hatten. Jeder Kampf hatte Tote mit sich gebracht, weil Katzen willentlich anderen Katzen das Leben genommen hatten.
Sie mussten ihre Grenzen wahren. Sie mussten ihren Clan verteidigen und beschützen, für Beute sorgen, und darauf achten, dass es allen gut ging. Doch dafür musste niemand kaltblütig ermordet werden!

Nun war es an der Zeit für einen Kampf. Fuchspfote nickte entschlossen, auch wenn er wusste, dass er noch lange nicht soweit war. Er würde gewiss seine guten Momente haben, doch Fetzohr würde ihm immer voraus sein. Also würde er nicht um den Sieg kämpfen, sondern sich darauf fokussieren, zu lernen und zu "überleben".
Konzentriert kauerte sich Fuchspfote seinem Mentoren gegenüber. Er hatte nicht viel Kampftraining genossen und hatte keine Tricks geübt, dennoch hatte er im Lager immer viel aufgeschnappt. Deshalb wusste der rotbraune Kater bereits, dass seine Augen ihn verraten konnten, wenn es um den ersten Angriff ging. Wenn der Kampf erstmal tobte, waren ganz andere Faktoren wichtig.
Langsam setzte sich Fuchspfote in Bewegung, wollte seinen Mentoren umkreisen und ihn genau beobachten. Hatte sein Mentor überhaupt Schwachstellen? Er war schnell, er war ein guter Kämpfer...
Entsprechend verwarf Fuchspfote schließlich die Idee, Fetzohr mit einer wunderbaren Strategie anzugreifen. Viel eher wollte er dies zu einem richtigen Kampf machen und spontane Entscheidungen treffen. Irgendetwas würde passieren. Manches würde nicht funktionieren, anderes wiederum schon.
»Dann zeig Mal, was du drauf hast«, grunzte er gespielt geringschätzig. Er wollte so tun, als wären sie keine Clan-Gefährten, und Fuchspfote konnte nur hoffen, das sein Mentor dies verstand.

Kräftig stieß sich Fuchspfote dann vom Boden ab und flog auf seinen Mentoren zu. Mit einem Hieb versuchte er, dessen Vorderpfoten vom Boden zu lösen und ihn zum Fall zu bringen. Ein weiterer Hieb war in Richtung der Schulter unterwegs, in dem Versuch, den Fall zu verstärken.

Seine Schläge trafen nicht. Dass Fuchspfote noch zu langsam gewesen war, konnte selbst er erkennen. Nur schwach zischten sie durch die Luft. Es fühlte sich fast schon so an, als hätte Fetzohr sich nur ein kleines Bisschen bewegt, um ihnen auszuweichen. Doch eine solche Einschätzung konnte der rotbraune Schüler nicht treffen. Er war dafür viel zu beschäftigt, wieder sicher aufzukommen, um den nächsten Teil des Kampfes zu überstehen.
Gerade kamen Fuchspfotes Pfoten auf, und sein grüner Blick schnellte zu Fetzohr zurück, als er diesen schon auf sich zufliegen sah. Oh ja. Das hier war ein richtiger Kampf und der Schüler grinste für den Hauch eines Moments.
Mehr Zeit blieb ihm allerdings nicht. Bevor sein Mentor ihn umreißen konnte, rollte Fuchspfote ab und kam gerade auf die Pfoten, als sein Mentor auf der Stelle aufkam, an der er soeben noch gestanden hatte. Blut rauschte in seinen Ohren, sein Herz schlug schnell, dennoch fühlte sich der Schüler noch recht ruhig. Er war ein WindClan-Kater, einer, der mal ein großer Krieger sein würde. Da musste er sich nicht stressen!
So schnell wie er konnte setzte Fuchspfote sich wieder in Bewegung. Sein Ziel war dieses Mal ein anderes. Wie Fetzohr es ihm eben noch gezeigt hatte, wirbelte er etwas Dreck auf, schleuderte ihn in die Richtung seines Gesichts, duckte sich dann jedoch, um nach den Hinterläufen des Kriegers zu schlagen. Er wollte ihn zu Fall bringen. Sollte dies gelingen, würde er sich gleich auf ihn stürzen, um ihn am Boden festzuhalten!

Sein Angriff hatte nur teilweise funktioniert. Fuchspfote konnte genau erkennen, dass Fetzohr durch den Dreck, den er aufgewirbelt hatte, für den Hauch eines Moments unsicher gestanden hatte, doch die Erfahrung, die der schildpattfarbene Kater in seinem Leben gesammelte hatte, half ihm, den restlichen Angriff zu überstehen. Bei einer anderen Kätzin hätte es gereicht und das war dem Schüler bereits so einiges wert.
Bei der Frage seines Mentoren schnaubte Fuchspfote. Sein grüner Blick lag scharf auf seinem Gegner, der ihn nun wieder umrundete. Eine gefährliche Situation, wenn es ein richtiger Kampf wäre. Doch genau wie Fuchspfote sich jetzt nicht aus der Ruhe bringen ließ, würde er es auch im Ernstfall entspannt hinnehmen. Ein Gegner? Er war noch lange nicht in Lebensgefahr.
»Ich dachte, WindClan-Katzen könnten keine Mäuse fangen«, grinste der rotbraune Schüler dann, während er sich ruhig auf der Stelle drehte, um Fetzohr im Auge zu behalten. »Vielleicht bin ich ja eine Maus.«
Es tat ein wenig weh, die Vorurteile gegen die Jagdfertigkeiten seines Clans für dieses Kampfgespräch zu benutzen, doch Fuchspfote wusste auch, dass ein Clan-Feind nicht davor zurückschrecken würde, sie alle zu beleidigen.
Mit seinen Worten stieß sich der Schüler von der Stelle ab, um den Abstand zu Fetzohr zu überbrücken. Sein Plan war nicht, auf diesen zu springen, oder ihn umzuwerfen. Stattdessen schlug er nur nach seiner Schulter und wich gleich wieder zurück, baute zur Sicherheit etwas Abstand auf. Dann setzte er wieder vor und versuchte sich an einem Schlag gegen die Flanke. So taten es WindClan-Katzen. Kurze und schnelle Angriffe, davon viele, bis der Gegner es nicht mehr aushielt. Ob das bei seinem Mentoren überhaupt Wirkung zeigen würde?